Pferde sehen und fühlen so viel mehr als wir manchmal wahrnehmen. Daher liegt es an uns, leise, einfühlsam und verständnisvoll mit ihnen zu kommunizieren und das stets mit wohlwollenden Absichten.
„Einen guten Horseman erkennt man nicht daran, dass sein Pferd alles kann, sondern daran, wie er mit seinem Pferd umgeht, wenn es etwas noch nicht kann.“
Ifrit Kiselmann
Ein gesundes Pferd verwendet seine großen Gelenke um jeden Tritt abzufedern. Diese Federkräfte sehen nicht nur tänzerisch leicht aus, sondern verhindern vor allem eine Überlastung und langfristig gesehen einen Verschleiß der Sehnen und Gelenke. Im natürlichen Spiel sieht man bei Pferden eine Aufrichtung, die sich vor allem durch das Heben des Brustkorbes zeigt, diese Aufrichtung trägt zur Tragfähigkeit bei. Legt das Pferd lange Strecken zurück, so ist weder eine hohe Aufrichtung, noch viel Spannung im Körper nötig. Es nutzt eine horizontale Reisehaltung um energiesparend über Stunden hinweg voranzukommen. Ob in versammelnder Aufrichtung oder in der Reisehaltung, entscheidend für die Gesunderhaltung ist immer eine gute Balance. Jedes Gelenk sollte dabei seiner Funktion entsprechend korrekt gebeugt werden um bis ins hohe Alter seine Aufgabe erfüllen zu können. Leider haben viele unserer Reitpferde im Laufe ihres Lebens die Federkräfte verloren, die sie einst als unbedarftes Fohlen noch gezeigt haben. Der Auftritt ist dann hart und belastet vor allem die Strukturen der Beine und Hufe. Hat unser Reitpferd seine Balance verloren, ergeben sich viele Probleme, die sich als Vermeidungs- oder Abwehrverhalten und als Schiefenprobleme zeigen. Ganz wesentlich ist der Ansatz: Balance vor Aktion. Ein Pferd in guter Balance fällt nicht mehr von einem Bein auf das andere oder schiebt den Rumpf über die Vorderbeine auf die Vorhand, bzw. gerät in Schräglage. Ein Pferd in guter Balance ist leicht am Sitz zu führen, sehr wendig und kann in kürzester Zeit abbremsen, sowie beschleunigen.
Wichtig für die Weiterentwicklung der Bewegung und Schulung der Tragfähigkeit ist die Bewegung der Wirbelsäule und wie wir über den Rücken Einfluss auf den Körper nehmen. Korrekterweise muss die Wirbelsäule nach links und rechts gleichermaßen rotieren und die gesamte Bewegung von hinten nach vorn durchlassen können. Oft bleibt aber gerade in fälschlicher, gegenläufiger Rotation die Bewegung an einer Stelle der Wirbelsäule stecken oder weicht zu einer Körperhälfte hin aus – man wird nach außen gesetzt. In gegenläufiger Rotation entsteht sehr viel Chaos im Pferdekörper und ein Anheben der Halsbasis wird unmöglich. Dadurch neigt das Pferd dazu, mittels Muskelanspannung seinen Körper und vor allem sein empfindliches Genick zu schützen. Die Probleme des Rückens haben direkten Einfluss auf die Extremitäten und deren kleine Gelenke, die folglich Scherkräften ausgesetzt sind, für die sie nicht gemacht sind. Bewegt sich beispielsweise der Rücken des Pferdes nicht locker und korrekt, sieht man Ausweichbewegungen in Form von beispielsweise drehenden Sprunggelenken oder schiefen Hufen. Ich begleite Pferd und Reiter dabei, wieder in gesunde Bewegungsmuster und im Zweifel wieder Freude an der Bewegung zu finden.
Meine Aufgabe ist es, den äußerlichen Zustand, im Kontext mit den aktuellen Bewegungsideen des Pferdes zu analysieren. Um dann gemeinsam mit dem Besitzer an der richtigen Stelle anzusetzen und die Bewegungen gesünder zu gestalten. Bei schwierigen Pferden hilft oft schon ein besseres Verständnis für die körperlichen Probleme des Pferdes um ein besseres Miteinander zu schaffen. Fast immer sind Widersetzlichkeiten nämlich in körperlichen Defiziten begründet und das Pferd will uns lediglich mitteilen, dass es die geforderte Übung so nicht umsetzen kann, bzw. große Schwierigkeiten dabei hat. Nimmt man Widersetzlichkeiten als Schutzverhalten wahr, begegnet man seinem Pferd viel sanfter und verbessert die Beziehung maßgeblich. Wenn das Pferd in seine Balance findet, so ist auch seine Psyche in Balance. Das Pferd möchte ich körperlich (wieder) in die Lage bringen, sich gern zu bewegen und lange als Reitpferd gesund zu bleiben. Bei einem gesunden, munteren Jungpferd geht es mir vor allem darum, seine natürlichen Bewegungen zu erhalten und es sanft weiter in der Balance zu schulen, damit es ohne Schaden zu nehmen, seinen Reiter tragen kann. Das Anreiten kann eine schöne neue Erfahrung sein, die sich ganz selbstverständlich ergibt und dann weiter ausbauen lässt.